1995:
Nach 20 Jahren : Elfmeter verhindert Sieg
Wieder geht die Talfahrt los. Otto hat Bremen verlassen, und Werder unter Aad de Mos wird zum Trauerspiel. Die Bremer Ampelkoalition zerfällt. Der Rote Stern wird wieder nur Fünfter in der Wilden Liga und erreicht in der Vorrunde der Meisterschaften von Schweinfurt keinen Sieg, geschweige denn ein Tor. Zum Schluß bleibt Platz 16. Der Kader schrumpft weiter, trotz einiger Neuzugänge. Zum 20-Jährigen-Jubiläums-Turnier des Bestehens von Roten Stern und Bunter Sturm wird überdies das Endspiel per Elfmeterschießen vergeigt. Der erste Turniersieg seit 20 Jahren läßt weiter auf sich warten. Dafür häuft sich das Bremer Medieninteresse an Wilder Liga und am Alternativfussball. Weser-Kurier, Bunten und binnen, taz, Bremer, selbst Werder-Spieler haben Interesse. Marco Bode, Jens Todt, Christian Brand - sie alle werden in den kommenden Jahren die Wildligisten besuchen.
1996:
400 m in Olympianorm – Trainingslager
Werder hat mit Dixie Dörner gerade noch den Abstieg verhindert. Der Rote Stern schrumpft personell, stärkt sich aber spieltechnisch und konditionell durch ein erstmals durchgeführtes Trainingslager an der Nordseeküste mit Feldenkreis-Übungen, Taktikschulung und Schußtraining. Ein abschließender 400m-Lauf wird in 53 Sekunden vom Schnellsten gewonnen, beim Nachmessen der Bahn schwindet jedoch die Euphorie. Die Wilde Liga wird als Vizemeister abgeschlossen, wobei Vibrator, die in Bielefeld Deutscher Meister wurden, wieder geschlagen werden. In Bielefeld selbst erreicht der Rote Stern erstmals die Endrunde und wird Siebter. Das erfolgreichste Jahr in der Geschichte geht zuende. Die Lust am Fußball ist gewachsen, das Durchschnittsalter gestiegen und seit drei Jahren mittlerweile auch das Duschen nach dem Sonntagstraining in den Sportanlagen des ATS Buntentor erlaubt. Dafür wird ein halber Tausender zur Jugendförderung des Heimatvereins gespendet.
1997:
Palastrevolution und Satzungsfragen
Wieder Ärger bei Werder. Dixie ist zu sanft, und das Team spielt grottenschlecht. Mißstimmung auch beim Roten Stern. Der Teamchef tritt von vielen Aufgaben zurück, andere sollen auch mal. Wie im Profibereich werden die Aufgaben auf viele Köpfe verteilt. Fortan gibt es einen Spielausschußleitenden, einen Chef d´Équipe im Exil, den Bondcoach, einen Kassenwart und einen Jugendleiter. Und Disziplin, die bei Werder noch fehlt, soll den Aufschwung bringen. Bei der Deutschen Meisterschaft reichts immerhin zum 12.Platz, angetreten mit zwei kompletten Teams Enver Hodscha und Tschou En Lai. Leider bleibt der Erfolg in der Wilden Liga aus. Sieben Niederlagen. Dafür kommt der Brüsseler Vorstopper in den Genuß, den Dortmunder Champions-League-Pokal livehaftig in den Händen zu halten. Ende des Jahres dann die bittere Erkenntnis: 5 Rotsterne mit knapp 400 Spieleinsätzen zieht es jobmäßig in die Ferne. Bei Werder wird Dixie gefeuert, Sidka kommt, die Elf spielt wochenlang Mist, dann wieder wochenlang Spitze. Wie der Rote Stern.
1998:
Schlechteste Männer
Wieder ein turbulentes Jahr. Werder kommt nicht in Gang, entlässt Sidka und holt den Schleifer Magath. Verunsicherung macht sich breit. Der Rote Stern wird angesteckt. Bei der Deutschen Meisterschaft in Regensburg läuft Vieles schief. Die Anreise mit der Bahn funktioniert ausgezeichnet. Das Zeltaufbauen klappt, und auch die Exilanten aus Berlin und Brüssel sind rechtzeitig auf dem Platz. Doch das ist alles. Erst das letzte Vorrundenspiel gegen das Bremer Konditionskombinat wird gewonnen. Diese begleiten dann abends die Alten Herren beim üblichen Stadtbummel als Zivis. Es bleibt schließlich der vorletzte Platz gegen eine gemischtgeschlechtliche Gruppe. Bei der Wochen später stattfindenden Bolz-WM in Kassel reisen nur 8 frustierte Rotsterne an. Verstärkt durch Piranhas und andere Freunde schafft man den 8.Platz. Dafür lockt erstmals der Wilde Liga Meistertitel. Vier Spieltage vor Schluß reicht es aus, aus eigener Kraft den Titel zu holen. Dann folgen die Einbrüche: Talking Feet und Stümper stoppen den Aufschwung. Dieser bleibt auch bei Werder aus.
1999:
Zweiter - wie oft noch ?
Wilde Liga Meisterschaft Teil zwei. Wieder heißt es kurz vor Saisonende: Meisterschaft in Sicht. Wieder folgen katastrophale Niederlagen: 10 Tore in zwei Spielen. Weinend geht der Maulwurf im Mittelfeld vom Platz - ungelogen. Im Management des Roten Stern stimmt nichts mehr. Der Teamchef gönnt sich eine Auszeit, schmeißt die Redakteurstätigkeit in der Wilden Liga weg, und macht nur zwei Liga-Spiele mit. Der Spielausschußleiter und Vorstopper wechselt zu Saisonbeginn in seine alte Heimat zu Kosteddes Zeugen. Der Bondscoach wechselt zum Saisonende zu Otto nach K´lautern. Ein Gründungsmitglied und der irische Neuzugang übernehmen die Geschäfte. Bei Werder geht Willy Lemke zurück in die Politik in den Bremer Senat. Der Wildeshauser Altstern dagegen wird stellvertretender Bürgermeister Wildeshausens. Zwei aus der Wilden Liga von den Erzrivalen Stümper und Stahl Eisen beglücken die Sterne. Und ein knapp Zwanzigjähriger schafft den sonntäglichen Frühtermin zum Training. Die Konsequenz: der erste Turniersieg seit Jahrzehnten bei den Oldenburger Freunden von Karo und Alhambra. Werder wird Pokalsieger. Mit neuem Trainer.
2000:
Die ersten über 50
Es ist vollbracht. 25 Jahren liegen hinter dem Roten Stern. Wieder wird an der Wilden Liga teilgenommen. Und dort gibt es dann eine Klatsche sondergleichen: 1:5 gegen einen Newcomer, auf Schlacke, unserem Untergrund. Der erstmals eingeführte Wilde-Liga-Pokal bringt auch das Aus in Runde 1. 0:5 gegen einen Gegner, der noch im Vorjahr 11:2 besiegt wurde. Und wieder wird sich zur Deutschen Meisterschadf beworben. Die allerdings findet fast ohne den Roten Stern statt. Doch noch einmal raffen sich alle auf und fahren wieder nach Regensburg. Wieder ohne potentiellen Torwart. Dabei: zwei Ü 50 und zwei U 20 Kicker. Platz 20 heißt es am Ende. Dafür gibt es von den Organisatoren Piranhas Regensburg einen der größten Pokale überhaupt anläßlich des 25jährigen Bestehens. Ovationen auf der Bühne, auch für den Ü50, der über 5 Kilometer in der Donau während der Meisterschaften schwamm. Schon eine Woche später das nächste Highlight: beim 25-jährigen Bestehen des Bunten Sturm holt sich der Rote Stern den nächsten Turniersieg. Wieder ein Pokal und Pressestimmen. Doch trotz eigener 25-Jahr-Feier, trotz Wilder Liga und Deutschen Meisterschaften: weitere Abwanderungen lassen schwere Zeiten anbrechen: wie lange hält diese Truppe noch. Beim sonntäglichen Training werden es immer weniger, die Platzsorgen immer größer, es kracht untereinander und mal wieder mit dem Platzwart und auch sonst ist kaum noch Hoffnung. Politisch geht vieles den Bach runter, Aktiennotierungen und Zinsbelastungen werden wichtiger. Die einzige Hoffnung: der Nachwuchs. Doch der spielt mittlerweile in den Jugendteams des DFB und wird Deutscher Meister der U 15. Und Werder kommt wieder ins Pokalfinale, verliert allerdings. Dafür wird der Rote Stern wieder Wilde-Liga-Vizemeister. Schon zum vierten Mal.
2001:
Fusion, Erfolg und Trauer
2001 bleibt als ein wechselvolles Jahr in Erinnerung. Zunächst fusioniert der Rote Stern mit mehreren Freizeitkickern, die seit einem Vierteljahrhundert parallel sonntags morgens auf dem Nebenplatz kicken. Nur das sie lauter und noch älter sind. Aber das Schwund am Trainingssonntag lies den Sternen keine andere Wahl. Und es klappte mit der Fusion. Sogar bei Wilde Liga Spielen mischten die Neuen mit. Und weitere, jedoch jüngere Verstärkungen blieben im Kader. Alles gipfelte dann im großartigen Triumph bei der Alternativen Deutschen Meisterschaft in Freiburg. Nach drei Tagen Regenwetter stand Platz 6 fest. Wobei nicht verschwiegen sollte, daß die entscheidenden Tore der Regionalliga-A-Jugendliche und Auswahlspieler des mitkickenden Rotstern-Vaters erzielte. Doch der Zweck heiligt mittlerweile die Mittel. In der Wilden Liga reichte es jedoch nur zu Platz 7, jedoch kam der Rote Stern erstmals ins Pokalhalbfinale der Wilden Liga. Es gab jedoch auch Schatten. Hoddle, der lautstärkste der Neuerwerbungen, kam beim Fallschirmspringen ums Leben, und andere Rotsterne verloren Frau und Bruder. Politisch rissen die Ereignisse um den 11.September in New York zahlreiche Widersprüche innerhalb des Mannschaftsgefüges auf. Der stellvertretende Bürgermeister der Nachbarstadt Bremen aus den Rotstern-Reihen wurde abgewählt, und Werder begann mit Thomas Schaaf einen einzigartigen Höhenflug: bestes Bundesliga-Team des Jahres 2001. Dafür war im DFB-Pokal schon zum zweiten Mal in Runde 1 Schluß.
2002:
Das Wunder von der Weser – Deutscher Meister
Immer, wenn die Hoffnung ausbleibt, kommt die Überraschung. Mit mehr Spielern als je zuvor fuhr der Rote Stern zur Deutschen-Alternativ-Meisterschaft nach (Ost-)Berlin. 2 komplette Kader reisten zur Hauptstadt in den Osten. Erstmals dabei: tolle Neueinkäufe aus den Bremer Tischtennisligen, der Goalgetter schlechthin aus einem Transfer von Stahl-Eisen, einer aus der Hoddle-Szene, drei Jungprofis, darunter ein angehender A-Jugendbundesligist, vier Exilsterne und als Abschreckwaffe der Teamchef mit schwarzem CCCP-Lew-Jaschin-Shirt als Goalkeeper. Die DAM begann wie eigentlich immer mit einer Niederlage. Doch dann folgte Sieg um Sieg, und mit einem zweiten Vorrundenplatz war man wieder, wie im Vorjahr, unter den letzten 8. Im Halbfinale dann ein Elfmeterdrama gegen die Titelverteidiger Piranhas aus Regensburg, als Lew Jaschin drei Elfer hielt. Und das Finale wurde zum final countdown. In der sechsten Minute der Nachspielzeit schaffte Eisen-Stefan den Ausgleich, und das Elfmeterschießen nach Verlängerung konnte nur einen Sieger kennen: Roter Stern Bremen. Durch SMS, Mobiltelefone und Hörfunk wurde diese Sensation noch am Finaltag zur Heimat übermittelt. Tagelang berichtete alle Bremer Medien von der Sensation, und die Rotsterne wurde in Bremen hofiert, ob beim Einkaufen, Promenieren oder am Arbeitsplatz. In der Wilde Liga war dann keine Kraft mehr vorhanden. Nur Platz 11, die schlechteste Plazierung im 10 Jahr des Bremer Alternativfußballs. Im Pokal der Wilden Liga reichte es immerhin zum Halbfinale. Werder dagegen konnte den Aufschwung aus 2001 als bestes Team nicht kompensieren. Die Elf wurde durchgereicht und erreichte mit Mühe noch einen Ui-Cup-Platz. Bode, Eilts und Herzog hörten auf. Dafür gewann im Spätherbst überraschend die Rot-Grüne Regierung wieder die Mehrheit. Ein neuer Krieg, diesmal im Irak, wurde durch die US-Regierung angekündigt.
2003:
Auf dem Weg zur Kapital-AG
Als Deutscher Meister mußte um Pfingsten die Alternative Meisterschaft ausgerichtet werden. Zum vierten Mal in Bremen, nach 1994 wieder als Gastgeber. Zuvor waren jedoch einige Wunden zu heilen: Im Wilde Liga Spiel gegen die Entsorgen von ENO riß beim sportlichsten Rotsterngründer das Kreuzbank und alles andere ringsherum. Der Keeper brach sich das Schlüsselbein, und fast zeitgleich marschierten die Amis in den Irak ein. Erstmals nahm der Rote Stern wieder an einem Hallenturnier teil, und erstmals hatte man wieder einen echten Keeper. Von der Bremer Shakespeare-Company kam im Zuge des Meistertaumels ein neuer, einer Goalie und sorgte gleich für einen vierten Platz im Hallenturnier. Im Wilde Liga Pokal dagegen kam das Aus nach Runde 1, so daß sich alles auf das Großevent DAM konzentrieren konnte. „Kicken statt Ballern“, so sollte das Motto heißen. Auf der DAM wurden Maßstäbe gesetzt. Strahlende Wetter und beste Atmosphäre sowie erstmalig 28 Teams sorgten für Stimmung und Rekordumsätze. Der Rote Stern scheiterte an seinem eigenen, seltsam ausgetüftelten Turniermodus und verfehlte nur durch das Torverhältnis die runde der letzten 6. Überhaupt gab es nur eine Niederlage im Spiel um Platz 7. Aber dreimal unter den letzten 8 war allen ein mildes Lächeln wert. Prominente Exwerderaner wie Todtund Brandt schrieben Grußadressen, und der Bildungssenator und Ex-Werder-Manger Willi Lemke kam gar persönlich vorbei. Wieder berichtete die Medienlandschaft ausführlich, und der Umsatz wurde zweckmäßig verbraucht: ein Wochenende im Umland mit Megaessen und Getränken, zwei neue Trikotsätze und Spenden an Fußballkids und internationale Hilfsorganisationen. Werder kaufte dafür einen echten Knaller ein: Micoud vom Europameister und Exweltmeister Frankreich. Und wieder war die Hinserie atemberaubend: Platz 3. Doch wie im Vorjahr gings berab. Wieder nur UI-Cup, und auch dort reichte es nicht lange. Auch der DAM-Ruhm des Roten Stern verblasste schnell. Nur Platz 10 in der Wilden Liga, da drei Besiegte nicht in die Wertung kamen.
2004:
Trotz Wirtschaftskrise: Wachstum bei den Sternen
Das Jahr begann wie immer. Werder auf dem Höhenflug, mit Platz 1 zur Halbserie, im Pokal noch dabei und Platz 1 in der Torschützenliste. Der Rote Stern versuchte sich dagegen im Training. Und dort wurde der Andrang immer größer. Zeitweise kickten Sonntag für Sonntag üknappe 30 Sterne auf den Schlackeplätzen. Kaum Abgänge, dafür reaktivierte und immer wieder Neuzugänge – diesmal aus dem Ruhrpott. Neue Trikots wurde ausgesucht und viel Geld ging für zwei komplette Sätze mit Hosen, Stutzen, Torwarttrikot, Handschuhen, Bällen und Trainingsleibchen drauf statt für Bedürftige in der Dritten Welt. Doch dafür waren in der Kapital-AG noch Rücklagen vorhanden. Der Kassenwart war mittlerweile ein waschechter Banker. Besonderes Highlight: neben dem Stern auf der Brust prangte der Schriftzug „Roter Stern Bremen“ auf der Rückseite der Trikots. Im ersten Einsatz in der Wilden Liga kamen sie dann bei Flutlicht zum Einsatz. Doch da sie schwarz waren, fanden sich die Mitspieler selten. Dafür gab es ein Aufeinandertreffen mit der Spvgg Ulf 04 als Neuling in der Wilden Liga. Viele Chorknaben im zarten Jungenalter von der Liebfrauenkirche siezten die Sterne und gingen dann unter. Werder hingegen schaffte die Sensation: Platz eins mit Riesenvorsprung in der Winterserie und im Pokalsieger. Das Bremer triple allerdings mißlang: der Rote Stern kam einen Tag nach dem Pokalsieg bis ins Endspiel der Alternativmeisterschaften in Kassel und verlor dort gegen die Regensburger Dauersieger Piranhas. Und im Winter schaffte der vereinszugehörige Rotstern-Sohn den Sprung auf Platz 3 bei der Wahl zum Bremer Amateurfußballer des Jahres.