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 1985:
33 Mann sonntags um 10 Uhr

 Der Rote Stern expandiert. Immer mehr Kicker wollen dabeisein. Beim sonntäglichen Kick rote Leibchen gegen bunte Leibchen stehen 33 Kicker auf dem Platz. Ein Einstellungsstop muß her. Erste Abspaltungen in neu gegründete Teams verbessern die Lage. Nachdem zuvor schon einige Rotsterne bei Caracho Walle kickten, folgt jetzt ein weiterer Teil und wandert bei den Carachos mit Caracho in den DFB. Wieder einmal Unterwanderung oder schlichtes Vergnügen? Noch heute, 15 Jahre später, kicken die Ex-Sterne bei Blau-Weiß in Findorff, und nur noch zweimal aufsteigen, dann erscheint man Montags im Weser-Kurier in der Dritten Kreisklasse. Die Ablösesummen an die Ursterne stehen allerdings noch aus. Und der erste Pokal aus dem Zimbabwe-Turnier 1975 wanderte samt Libero mit zum DFB. Ein anderes Subteams, “Links vorbei”, lässt sich auch nicht lumpen und schlägt den Roten Stern. So war das dann doch nicht geplant! Beim traditionellen Hengsterholz-Turnier bei Wildeshausen gibt es ne Klatsche. Platz 5 von 6. Glücklichweise muß Fährhaus dran glauben: 8:1 ím neunten Aufeinandertreffen. Der Rekordgegner. Werder wird Vizemeister, scheitert aber im Uefa-Cup an Schwarzmeer Odessa. Wieder ein Ostclub. Wie beim Roten Stern. Den Blick nach Westen, handelt man sich ostwärts nur noch Niederlagen ein.

 

 
1986:
Tschernobyl auf dem Hartplatz

 Erste Kontakte mit Buntligisten. Kommando Letzte Schicht Oberhausen, noch unter anderem Namen antretend, verhindert den lang ersehnten Turniersieg. 10 Jahre Bunter Sturm, und der Rote Stern stürmte am ersten Tag ungeschlagen drauf los. Am zweiten Tag war die Puste weg. Auch Werder wird wieder nur Zweiter. Der Kader umfaßt immer noch 35 Kicker. Das Bremer Regenwetter setzt das Stammspielfeld zunehmend unter Wasser. Dank Tschernobyl werden die Vorzüge von Hartplätzen entdeckt. Das Gras hat zuviele Bequerell, und da die Gegner zunehmend gegen die Roten Sterne ins Gras beißen, werden wir gesundheitspolitisch aktiv. Doch auch auf neuem Belag schlägt die Truppe alle Gegner vergangener Jahre, wie Stümper, Fährhaus oder Cosmos Woltmershausen. Ein Wunder? Werder macht ein solches. 1:4 im Hinspiel in Moskau gegen Spartak, im Rückspiel heißt es dann 6:2 nach Verlängerung im Uefa-Cup. Diese Wunder soll es noch öfter geben. Ein anderes Wunder: Kaum noch einer der Rotsterne ist politisch aktiv. Jedenfalls laut und deutlich. Eher im Verborgenen. Eine Alterserscheinung? Der Teamchef beginnt mit einer unglaublichen Statistik. Jedes Spiel, jeder Mitspieler, jedes Tor wird registriert und kommt in die Rote Stern Datenbank.
 

 
1987:
Rastafar vibrations und der DFB

 Der höchste Sieg in der Vereinsgeschichte. Die Betriebssport-Tabaktruppe von Brinkmann wird 14:0 geschlagen. Dagegen werden den Rotsternen die Grenzen alternativer Fußballtechnik von den Rastafaris des Roots & Culture - Clubs aufgezeigt. Die Farbigen spielen die Verteidigung schwindlig. Weitere Rotsterne spalten sich ab. Sie landen wieder bei den 5.Herren von Blau-Weiß Bremen in der 7.Kreisklasse, bringen aber mit Mitspieler Fabsi aus dem Toten-Hosen-Campino-Umfeld eine erste Single auf den Markt. Doch noch verlieren sie gegen den Roten Stern. Auch Werder bleibt oben dran.
 
  
1988:
Einstellungsstop - basta
 
Wieder werden die DFB-Abtrünnigen zweimal geschlagen. Der Rote Stern bleibt 1988 ungeschlagen. Der Rückzug aus den politischen Basisinitiativen scheint neue Kräfte auf dem Spielfeld freizusetzen. Der Einstellungsstop fällt und zahlreiche Neueinstellungen, deren Alter weit unter dem Durchschnitt der Reststerne liegt, sorgen für neuen Schwung. Aus dem ganzen Rest der Republik wird die Kunde vom Neuaufbau vernommen. Aus Ostfriesland eilt ein Ex-Gegenspieler Dieter Eilts herbei, aus dem Limburgischen kommen zwei Reißer, einer vorn, einer hinten, und sogar Werder wird folgerichtig Meister. Eine Neuerwerbung als Folge der Europameisterschaft, die die grandiose holländische Mannschaft gewinnt, zeichnet sich bereits ab: ein Bondscoach soll Interesse angemeldet haben. Das Zentralkomitee des Roten Stern bleibt im Kontakt .Eine erste Umfrage nach den Fußballidolen des Roten Stern bringt Überraschendes ans Tageslicht: neben Maradona, Netzer, Beckenbauer und Overath tauchen auf: Charly Dörfel, Bulle Roth, Karl Allgöwer, der Algerier Belloumi, Manni Kaltz und - Fifi Schnibbel. Und erstaunlicherweise nicht ein Werderaner.
 
 

 
1989:
International - EU-Meister auf Anhieb

 Es wird international. Werder nimmt am Landesmeistercup teil, und der Rote Stern bewirbt sich über eine taz-Annonce an der Bolz-EM in Aachen. Verantalter Partisan Eifelstrasse. Das Bremer Team wird EG-Meister (Platz 7) und hat sich trotz harter Spielweise in Buntligakreisen weiter empfohlen. Zwar hagelt es noch Niederlagen gegen die erfahrenen Partisanen und Bongo Bongo Westerwald, aber im Spiel um den EG-Titel wird sogar das entscheidende Elfmeterschießen gewonnen! Die taz Bremen kommt um einen Artikel nicht herum. Bremen hat wieder ein großes Team hervorgebracht. Das tröstet selbst den Mittelfeldregisseur, der im echten Leben ebenfalls Regie führt und einen spektakulären Hollywood-Coup in Bremen versucht. Während er sich in Aachen von seinen Mitspielern senftenmäßig durch das Bierzelt schleppen lässt (Wadenkrämpfe in beiden Beinen), wird der Film zum Flop. Wie bei Werder.

 
1990:
Im BMW nach Köln

 Das Nürnberg-Syndrom (68 Meister, 69 Abstieg). Kaum oben, schon wieder unten. Erstmals bei der alternativen Deutschen Fußballmeisterschaft dabei, reicht es mit “kontrollierter Offensive” nur zu einem kümmerlichen Tor im letzten Spiel um Platz 15 gegen Roter Stern Nürnberg. Wieder wird gegen Partisan vergeigt, und auch Alhambra Oldenburg gewinnt mit 1:0. Ursachenforschung bestimmt den Rest des Jahres. Es lag an den Anreise. Der Sturm fuhr im flotten BMW nach Köln, die Abwehr im VW-Bulli hinterher. Auf dem Spielfeld war es ebenso. Die gegnerischen Stürmer waren immer schon weg, als die Abwehr einschreiten wollte. Ein anderes Oldenburger Team, Karo, muß büßen. 7:2 im Jahr 1 nach Köln. Auch Werder ist international erstmals nicht mehr dabei.  Ein eigenes Turnier, wahrscheinlich zum 15-jährigen Jubiläum, gewinnt Blau-Weiß 4. Herren, die DFB-Abtrünnigen, obwohl das Spiel gegen den Roten Stern verloren geht. Doch der vergeigt wieder im letzten Spiel gegen Fährhaus den Turniersieg.
 

 
  
1991:
Terschelling und Alte Herren
 
 Werder wird Pokalsieger. Der Rote Stern verzichtet auf die Teilnahme an den Alternativmeisterschaften und will im fernen Holland den Pokal des Turniers auf Terschelling holen. Zwei Tage vor Anreise stellt sich heraus, daß sämtliche Plätze umgegraben wurden. So bleibt die Anreise aus. Für die Meisterschaft in Freiburg ist es auch zu spät. Nur 9 Spiele trägt der Rote Stern 1991 aus, nur einmal auf heimischen Rasen. Alle 5 Minuten fällt dort ein Tor gegen PVC Oldenburg. 9:9 heißt es am Ende. Währenddessen ertönt ein Hilferuf aus dem Bremer Umland-Speckgürtel. Ein Rote-Stern-Gründungsmitglied sucht dringend Aushilfskräfte für das dörfliche Altligateam. 5 Leistungsträger des Roten Stern schießen in der Folgezeit die Alten Herren zur Vizemeisterschaft in der Kreisliga. Der DFB wird den Beteiligten sympathisch. Sonnabends DFB, sonntags Freizeit. Es geht auf die Kondition. Im Laufe der Jahre vergnügen sich immer mehr Rotsterne in Wallhöfens Altliga: schließlich sind es 8 Sterne, die mehr oder weniger aushelfen müssen. Die kritische Auseinandersetzung mit dem DFB bleibt auf der Strecke. Doch noch lassen sich neue Rotsterne davon nicht beeindrucken. Politisch beginnt in Bremen ein Abenteuer: die Ampel-Regierung aus Sozis, Liberalen und Grünen. Nichts für den Roten Stern. Abenteuer hatten sie schon genug.
 
  
1992:
Platz 15 - zum Ersten
 
 Wieder wird nur der 15.Platz bei der Alternativmeisterschaft erreicht. Nur knapp scheitert das Team durch das schlechtere Torverhältnis an der Endrunde der letzten Acht. Ein Skandal. Denn eigentlich war der zweite Vorrundenplatz schon sicher, als auf dem Nachbarfeld unnötig mehrere Minuten nachgespielt wurde, so daß der Namensvetter Roter Stern Nürnberg doch noch den Roten Stern Bremen überflügelte. Zu allem Überfluß bekam der Bondscoach einen auf die Nase: Nasenbeinbruch im vorletzten Spiel. Doch ein wahrer Coach läßt die Elf nicht im Stich. Schon kurze Zeit später, während des Endspieles, ist der Coach bereits vor der Kamera von VOX und gibt Interviews. Elf Niederlagen hagelt es 1992. Eine Grundsatzdebatte beginnt. Ist der Name noch zeitgemäß? Wo bleibt die hohe Spielkultur? Der Kader schrumpft wieder, die Doppelbelastung von mittlerweile 8 Kickern im DFB und im Alternativteam hinterläßt Spuren. Werder wird auch nur Neunter, gewinnt aber den Europapokal.
 
  

 
1993:
Wilde Liga - und ein Tribünendach

 Die Wilde Liga Bremen entsteht. Endlich. 7 Teams sind dabei. Auslöser: ein Artikel der Roten Sterne in der taz, drei Telefonate, und der Durchbruch war da. Der Altmeister vom Kuhhirten ist zwar das älteste Team, kann aber etliche Zwanzigjährige durch Erfahrung und Kondition niederhalten. Dafür fehlt die Kraft bei der Aachener Meisterschaft. Wieder ganz unten, nur Platz 16. Nur insgesamt ein Sieg gegen Rote Hosen Ostberlin und wieder zwei verlorene Elfmeterschießen. Ein Befreiungsschlag über das Tribünendach des Aachener Tivoli-Stadions bleibt als positive Erinnerung haften. Und abends im Festzelt ein Highlight: Gildo Horn und seine orthopädischen Strümpfe, damals noch eine unbekannte Größe. Das Konzert wird verpasst. Der Roter Stern geht essen. Warum? Einfach Hunger.  Warum Werder Meister wird, läßt sich auch nicht mehr erklären. Gegen Anderlecht heißt es 0:3 zur Pause, die Massen gehen nach Hause, am Ende steht es aber 5:3 für die Grünweißen.
 
  

 
1994:
Endlich - Meisterschaften in Bremen

 20 Jahre Fußball am Kuhhirten.. Auch der Name des Teams hat  trotz aller Diskussionen und Einflüsse des Weltgeschehens Bestand. “Die Farbe stimmt wenigstens noch”, so die Analyse des Teamchefs, dessen Amtsjahre Otto der Erste nie erreichen wird. Dieser hat zwar Werder wieder ins Pokalfinale gebracht. Die wahre Deutsche Meisterschaft jedoch veranstaltet der Rote Stern. Pfingsten ist der Kuhhirten Schauplatz der 8.Deutschen Alternativmeisterschaften. Der Erzfeind Vibrator Moskovskaya aus der Wilden Liga Bremen wird Deutscher Vizemeister, der Rote Stern Neunter, errungen mit 26 Akteuren in einer “Offence”- und einer “Defence” -Truppe. Die Meisterschaft ist die bisher schönste aller Alternativturniere und schweißt den Roten Stern zusammen. In der Wilden Liga reicht es trotz zweier Siege gegen den Deutschen Vizemeister nur zum fünften Platz. Werder wird Deutscher Pokalsieger und spielt sogar erfolgreich als erster deutscher Verein in der Champions-League. Das Altherrenteam aus Wallhöfen steigt ab, weil die Rotsterne ausgepowert sind.
ROTER STERN BREMEN  |  pelle@rotersternbremen.de